Frankfurt am Main, 1. Oktober 2024 - Ulrich Höller, Geschäftsführender Gesellschafter der ABG Real Estate Group, kommentiert im Vorfeld der in Kürze beginnenden Expo Real 2024 (6. bis 9. Oktober 2024 in München) aktuelle Themen, Trends und Fragestellungen der Immobilienbranche:
1. Marktblick: Dominanz externer Faktoren, auch Politik ist gefordert, Chancen in Sicht
- „Die Immobilienbranche steht vor großen Herausforderungen – stark beeinflusst von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Krisen. Es liegt in der Natur des Produkts ´Immobilie`, dass kurzfristige Reaktionen auf Veränderungen schwieriger sind als in anderen Industrien. Inzwischen gibt es viele innovative Initiativen und junge, spannende Talente in der Branche.
- Zwar sind die Zinsen gestiegen, doch das Problem war vielmehr die rasante Geschwindigkeit des Anstiegs. Hinzu kommen steigende Bau-, Energie- und Lohnkosten, Trends wie ESG und Digitalisierung, die zusätzliche Investitionen erfordern, oder mobiles Arbeiten, das den Bedarf an Büroflächen verändert. All dies trifft auf eine schwache Wirtschaft und eine Rezession, was die Nachfrage weiter reduziert.
- Der heutige Wohnungsmarkt ist geprägt von einem erheblichen Angebotsmangel. Hier sehe ich für alle Beteiligten dringenden Handlungsbedarf, insbesondere auch von politischer Seite. Planungs- und die viel zu langen Genehmigungsprozesse müssen digitalisiert, vereinfacht sowie beschleunigt und zusätzlich auch Anreize geschaffen werden, beispielsweise durch steuerliche Abschreibungen. Eine stärkere Kooperation mit der öffentlichen Hand ist unabdingbar, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln und das notwendige Angebot zu schaffen.
- Wir befinden uns noch im Krisenmodus, aber die Zeichen deuten auf eine Marktstabilisierung in den nächsten zwei Jahren. Die Herausforderungen aus Inflation, hohen Zinsen und den Auswirkungen der geopolitischen Lage bleiben zwar eine Belastung für den Immobilienmarkt, auf längere Sicht bieten sich jedoch daraus Chancen – insbesondere, wenn sich die wirtschaftliche Lage beruhigt und Investoren das Vertrauen in die Märkte zurückgewinnen.
- Bis ins Jahr 2025 wird der Immobilienmarkt in Bezug auf Transaktionen und Projektentwicklungen herausfordernd bleiben – mit weiteren Preisangleichungen und einer Fortsetzung der Marktbereinigung. Dennoch bin ich optimistischer für 2025 und erwarte erste Zeichen einer Stabilisierung und stärkeres Investorenvertrauen. Die Marktbereinigung eröffnet auch Raum für selektive Chancen. Unternehmen, die Kapital mobilisieren können und in umstrittene Märkte investieren, werden von der künftigen Erholung profitieren.
2. Veränderte Investorenlandschaft: Internationale Akteure positiver und aktiver
- Die Banken stehen unter Druck, da die Eigenkapitalanforderungen steigen und viele – vor allem deutsche Investoren – noch mit den Investitionsentscheidungen der vergangenen Jahre beschäftigt sind. Offene Immobilienfonds verzeichnen Abflüsse, und internationale Investoren warten noch ab. Ich erwarte jedoch, dass diese im Jahr 2025 wieder aktiver werden und den Markt in Bewegung bringen. Besonders angelsächsische Investoren zeigen bereits Interesse am deutschen Markt und könnten erneut, wie nach der Finanzkrise 2009, eine treibende Rolle übernehmen.
- US-Investoren kämpfen parallel damit, dass ihre Heimatmärkte durch Rekordleerstände und fallende Mietpreise belastet sind. Deutsche Investoren hingegen bleiben aufgrund erschöpfter Immobilienquoten und der Notwendigkeit zur Anpassung an neue Marktbedingungen voraussichtlich noch zwei Jahre vorsichtig.
- Ich gehe davon aus, dass die Aktivität internationaler Akteure den deutschen Immobilienmarkt verändert. Sie bringen nicht nur höhere Transparenz- und Governance-Standards mit, sondern auch eine globale Perspektive und die Fähigkeit, schneller und opportunistisch auf Marktveränderungen zu reagieren.
- Neben internationalen Investoren erwarte ich auch eine wachsende Bedeutung von Family Offices und privaten Investoren. Diese agieren traditionell unternehmerischer und sind in der Lage, Finanzierungslücken zu schließen, da sie weniger stark an regulatorische Vorgaben gebunden sind und flexibler auf Marktveränderungen reagieren können.
3. Büro bleibt wichtige Assetklasse, Prime-Objekte stärker im Fokus – trotz Homeoffice-Trends
- Büros bleiben eine bedeutende Immobilienklasse. Ich bin überzeugt, dass Büros wieder an Bedeutung gewinnen werden, und setze auch zukünftig auf die Entwicklung hochwertiger Büroflächen. Trotz des Covid-19-bedingten Homeoffice-Trends zeigt sich eine wieder steigende Akzeptanz der Büroflächen. Amazons jüngste Entscheidung etwa, Mitarbeiter wieder fünf Tage pro Woche ins Büro zu holen, verdeutlicht die Bedeutung der physischen Präsenz. Eine Studie von JLL zeigt zudem, dass immer mehr Unternehmen den Wert zentraler Büros für Zusammenarbeit und Innovation erkennen.
- Die Rückkehr ins Büro stärkt die Nachfrage nach Prime-Office-Flächen. Für Top-Objekte sind deutlich steigende Mieten zu registrieren und zu erwarten, da das Angebot in erstklassigen Lagen knapper wird. Dies macht die Assetklasse weiterhin profitabel. Premium-Projekte der ABG Real Estate Group, wie die ab November 2024 geplante Revitalisierung des Gebäudeensembles Central Parx in Frankfurt oder des Palais am Rossmarkt ab 2026 unterstreichen diese Entwicklung.
4. Umnutzung als Herausforderung und Chance der nächsten Dekade
- Das Thema Umnutzung nicht mehr benötigter oder marktgerechter Büroflächen gewinnt gleichzeitig zunehmend an Bedeutung, mit vielfältigen Optionen, Büroflächen in gewerbliche Wohnflächen oder Bildungseinrichtungen umzuwandeln. Während der Gesamtbedarf an Büroflächen sinkt, steigt die Nachfrage nach Wohnraum, Bildungseinrichtungen und gewerblichem Wohnen wie Studenten- und betreutem Wohnen.
- Neubauten sind grundsätzlich einfacher zu realisieren als Sanierungen bzw. die Umnutzung von Bestandsgebäuden. Da die Nachfrage nach Büros zurückgeht und Projektentwicklungen schwerer zu finanzieren sind, wird es in den kommenden Jahren jedoch weniger Neubauten geben. Auch, da ein Abriss aus Nachhaltigkeitsüberlegungen nicht mehr die erste Alternative ist und die sinnvolle Umnutzung in den Vordergrund tritt.
5. Die ABG Real Estate Group forciert Wohnen, AuM werden ausgebaut, Büro bleibt Kerngeschäft
- Die Immobilienbranche befindet sich seit über zwei Jahren in einer tiefen Krise. Als Unternehmen verlassen wir allmählich die defensive Phase und suchen aktiv nach neuen Opportunitäten. Wir werden unser Geschäftsmodell moderat anpassen, wobei die Entwicklung hochwertiger Büroflächen ein Kerngeschäft und Bestandteil der „ABG DNA“ bleiben wird.
- Der Wohnungsmarkt bleibt für uns strategisch bedeutend und soll stärker in den Fokus rücken. Die ABG Real Estate Group hat über Jahrzehnte eine Wohnkompetenz aufgebaut und auch in den letzten Jahren umfangreiche und wegweisende Projekte realisiert, darunter das Wohn- und Stadtquartier Living Isar in München oder das Konrad in Hamburg. Ein zentrales Zukunftsprojekt ist unser zukünftiges Münchner Wohnquartier Mariengärten mit über 500 energieeffizienten Wohnungen, ergänzt durch Gewerbeflächen, Seniorenwohnungen, Pflegeeinrichtungen und Kindertagesstätten.
- Mit unseren Aktivitäten streben wir als ABG Real Estate Group eine stetige Erweiterung unseres Investment- und Assetmanagement-Portfolios an, wobei die Assets under Management (AuM) durch neue Mandate kontinuierlich wachsen sollen. Jüngstes Beispiel ist die Übernahme eines exklusiven Asset-Management-Mandats für die Repositionierung und Vermietung des denkmalgeschützten Gebäudes „Barer Straße 24“ in München.“